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Richter mit Richterhammer

Veröffentlicht am 19.04.23 von Redaktion

Allgemein

Zwangsversteigerung – Günstig oder Kostenfalle?

Es gibt viele Wege, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Eine etwas ungewöhnliche Maßnahme ist eine Zwangsversteigerung. Im ersten Halbjahr 2022 wurden laut Statista 14.121 Objekte in Deutschland zwangsversteigert.

Wir erklären euch, wie eine Zwangsversteigerung abläuft und ob ihr dort wirklich eine Immobilie zum Schnäppchenpreis ergattern könnt.

Was ist eine Zwangsversteigerung von Immobilien?

Wenn es um Versteigerungen geht, denken die meisten wohl an eBay. Doch eine Zwangsversteigerung ist etwas anderes als eine übliche eBay-Auktion – und das hat mit dem Wörtchen Zwang zu tun.

Beim Kauf eines Eigenheims wird in den meisten Fällen eine Baufinanzierung bei einer Bank benötigt. Die Bank hat das Recht, dass die Schulden zurückgezahlt werden und ist demnach euer Gläubiger. Eine Zwangsversteigerung einer Immobilie findet statt, wenn ihr nicht mehr in der Lage seid, eure Schulden zurückzuzahlen. In diesem Fall kann euer Gläubiger, wie zum Beispiel die Bank, ein Gerichtsverfahren einleiten, um das Eigentum an der Immobilie zu übernehmen und sie zu verkaufen, um die ausstehenden Schulden zu begleichen.

Während des Versteigerungsprozesses wird die Immobilie öffentlich zum Verkauf angeboten, und der Höchstbietende erhält das Recht, die Immobilie zu erwerben. Der Verkaufserlös wird dann dazu verwendet, die ausstehenden Schulden des Eigentümers und alle anfallenden Kosten im Zusammenhang mit der Versteigerung zu begleichen. Wenn der Verkaufserlös die ausstehenden Schulden übersteigt, wird der Restbetrag an den ehemaligen Eigentümer zurückgezahlt.

Allerdings endet nur etwa die Hälfte aller eröffneten Zwangsversteigerungsverfahren vor Gericht. Die anderen Immobilien werden schon vorher verkauft.

Eine Zwangsversteigerung kann für den ehemaligen Eigentümer sehr belastend sein, da er möglicherweise sein Zuhause verliert und den Verkaufserlös nicht vollständig zurückerhält. Daher sollte eine Zwangsversteigerung nur als letztes Mittel in Betracht gezogen werden, wenn alle anderen Versuche, die Schulden zurückzuzahlen, fehlgeschlagen sind.

Wie erfahre ich wann eine Zwangsversteigerung stattfindet?

Zwangsversteigerungen finden an den Amtsgerichten statt. Der Versteigerungstermin wird spätestens sechs Wochen im Voraus bekannt gegeben. Er wird im Amtsblatt veröffentlicht oder durch Aushänge im Gericht und Bekanntmachungen in Zeitungen. Es gibt auch diverse Internet-Portale, kostenlos und kostenpflichtig, die die Versteigerungstermine veröffentlichen. Zum Beispiel:

  • zvg-portal.de
  • zvg.com
  • versteigerungspool.de
  • zwangsversteigerungen-brd.de
  • zwangsversteigerung.de

Fehler bei Zwangsversteigerung: Die Katze im Sack kaufen

Ihr erfahrt von einer Zwangsversteigerung zum Schnäppchenpreis und wollt am liebsten direkt zugreifen? Davon können wir nur abraten.

Es ist wichtig zu beachten, dass ihr euch im Falle einer Zwangsversteigerung ausreichend Zeit nehmen solltet, um das Objekt gründlich zu prüfen und sich von einem Experten beraten zu lassen, bevor ihr ein Gebot abgebt.

Der größte Fehler beim Immobilienkauf auf einer Zwangsversteigerung ist nämlich, nicht genügend Informationen zur Immobilie gesammelt zu haben. Dann kann sich das vermeintliche Schnäppchen schnell als Kostenfalle entpuppen.

Was viele Käufer bei einer Zwangsversteigerung unterschätzen oder nicht wissen, wenn ihr eine Immobilie in einer Zwangsversteigerung erwerbt, dann übernimmt keiner die Haftung für etwaige Mängel und ihr habt als Käufer keinerlei Gewährleistungen. Außerdem könnt ihr nicht mehr vom Kauf zurücktreten.

Es ist in eurer Verantwortung, dass ihr euch über das Objekt gut informiert. Auch über im Grundbuch eingetragene Belastungen und Baumängel – so ein Urteil vom Bundesgerichtshof. Viele informieren sich aber nur über das Verkehrswertgutachten. Doch das ist ein Fehler. Dieses allein gibt keine zuverlässige Auskunft über den tatsächlichen Zustand der Immobilie und ebenso wenig über ihren Wert.

Oft fehlen darin nämlich wichtige Informationen, weil Gutachter die Immobilie oft nicht von innen besichtigen können. Da es bis zu zwei Jahre dauern kann, bis ein Haus unter den Hammer kommt, ist das vorgelegte Verkehrswertgutachten auch nicht immer aktuell.

Checkliste: Darüber solltet ihr euch vor der Zwangsversteigerung informieren

Damit ihr nichts überseht, solltet ihr auf folgenden Wegen Informationen einholen, bevor ihr bei einer Zwangsversteigerung auf ein Objekt bietet.

  1. Immobilie besichtigen: Vereinbart ein Besichtigungstermin mit dem Verwalter der Immobilie, idealerweise in Begleitung eines Baufachmannes. Eine Innenbesichtigung der Immobilie ist nicht immer möglich. Die Bewohner, die ihr Zuhause gezwungenermaßen aufgeben müssen, sind nicht verpflichtet und auch oft nicht bereit dazu, Kaufinteressenten hereinzulassen. Ein Bausachverständiger kann aber auch von außen einiges zum Zustand der Immobilie erkennen.
  2. Nachbarn befragen: Sprecht mit direkten Nachbarn und Anwohnern. Diese wissen vielleicht etwas zum Zustand der Immobilie oder auch zu Baulasten. Sie können euch auch sagen, ob es in der Gegend öfter zu Überschwemmungen kommt und ob größere Bauvorhaben geplant sind.
  3. Bauaufsichtsamt kontaktieren: Dort könnt ihr etwas über die Erschließungskosten oder Baulasten, die auf dem Grundstück liegen, erfahren.
  4. Grundbuchauszug einsehen: Beantragt einen aktuellen Grundbuchauszug, um sicherzustellen, dass ihr über alle relevanten Informationen zur Immobilie verfügt, wie z.B. die genaue Größe des Grundstücks, etwaige Belastungen und Rechte Dritter.
  5. Verkehrswert-Gutachten studieren: Lest das Verkehrswert-Gutachten und achtet dabei unbedingt darauf, ob der Gutachter die Immobilie auch von innen besichtigen konnte. Schaut euch auch an, wie aktuell das Gutachten ist. Ihr könnt den dort festgestellten Verkehrswert auch mit einer kostenlosen Online-Immobilienbewertung abgleichen.

Wie läuft eine Zwangsversteigerung ab?

Bevor ihr auf eure Traumimmobilie bei einer Zwangsversteigerung bietet, solltet ihr euch mit dem Prozedere einer Zwangsversteigerung vertraut machen. Es ist ratsam, mehrere solcher Versteigerungen zu besuchen, bevor man auf seine Traumimmobilie bietet.

Generell besteht der Ablauf aus drei Teilen:

Eröffnung der Zwangsversteigerung

Zu Beginn verliest der Rechtspfleger alle Informationen zur Immobilie. Er nennt den festgesetzten Verkehrswert, eventuelle Belastungen laut Grundbuch, benennt die Gläubiger und ihre Ansprüche und erläutert die Versteigerungsbedingungen.

Anschließend wird das geringste Gebot, das Mindestgebot, festgelegt. Es setzt sich zusammen aus Barwert (den Kosten des Verfahrens) und bleibenden Rechten (Grundsteuern, die noch gezahlt werden müssen, sowie allen Rechten und Belastungen, die ihr im Falle eines Erwerbs übernehmen müsst). Da der Rechtspfleger die Immobilie jedoch nicht zum Schleuderpreis verkaufen darf, wechselt kaum eine Immobilie den Besitzer zum Mindestgebot.

Bietzeit

In der sogenannten Bietzeit beginnt die eigentliche Versteigerung. Wer auf die Immobilie bieten will, muss volljährig sein und einen gültigen Personalausweis besitzen. Außerdem müssen zehn Prozent des Verkehrswertes in Form eines Schecks oder einer Bankbürgschaft als Sicherheit hinterlegt werden. Die Bietzeit startet mit Aufforderung zur Abgabe von Geboten durch das Gericht und dauert mindestens 30 Minuten. Ist das letzte Gebote ergangen, wird die Auktion geschlossen.

Zuschlagserteilung

Jetzt wird über den Zuschlag verhandelt. Das ist der entscheidende Moment bei einer Zwangsversteigerung einer Immobilie. Dabei gibt es die 5/10-Grenze. Diese besagt, dass das höchste abgegebene Gebot einschließlich der zu übernehmenden Rechte in der Bietzeit mindestens 50 Prozent des Verkehrswerts erreichen muss. Ist dies nicht der Fall, wird der Zuschlag nicht erteilt. Darüber greift die 7/10-Grenze. Das heißt, jeder Gläubiger hat das Recht, einen Antrag auf Verweigerung des Zuschlags zu stellen, wenn das höchste Gebot niedriger als 70 Prozent des Immobilienwerts beträgt.

Wird der Zuschlag auf Basis dieser beiden Grenzen verweigert, dann wird eine zweite Versteigerung angesetzt. Da gibt es dann keine Grenzen mehr, die erreicht werden müssen.

Wird der Zuschlag erteilt, ist der Höchstbietende sofort Eigentümer der Immobilie – mit allen Rechten und Pflichten. Der Zuschlag ist zugleich auch der Räumungstitel gegen den Schuldner, sofern dieser die Immobilie selbst bewohnt. Ist die ersteigerte Immobilie dagegen vermietet, bleibt das Mietverhältnis bestehen. Ihr könnt es nur durch eine Eigenbedarfskündigung beenden.

Was kostet der Immobilienkauf per Zwangsversteigerung?

Wenn ihr den Zuschlag bekommt, dann kostet euch die Immobilie euer Höchstgebot plus den Barwert. Bei einem Zuschlag zu 400.000 Euro und einem Barwert von 60.000 Euro müsst ihr also 460.000 Euro zahlen.

Bei einem Hauskauf über eine Zwangsversteigerung entfallen zwar die Makler- und Notarkosten, allerdings wird euch für den Zuschlag eine Gerichtsgebühr in Rechnung gestellt. Diese richtet sich danach, wie hoch das Höchstgebot ist. Sie ist etwas niedriger als die bei einem normalen Kauf fällige Notargebühr von etwa einem Prozent des Kaufpreises.

Nach der Zuschlagserteilung muss der Kaufvertrag notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragungen und die Grunderwerbsteuer zwischen 3,5 und 6,5 Prozent müsst ihr wie bei jedem anderen Immobilienkauf bezahlen.

Immobilienkauf über Zwangsversteigerung – Lohnt sich das?

Insgesamt kann eine Zwangsversteigerung eine Möglichkeit sein, eine Immobilie zu einem günstigen Preis zu erwerben. Der Kaufpreis liegt meist deutlich unter dem geschätzten Verkehrswert. Im Einzelfall zahlt ihr lediglich 30 Prozent des eigentlichen Verkehrswertes. Beim Hauskauf durch eine Auktion entfallen zudem die Kosten für das Gutachten eines Sachverständigen. Dieses wird ja bereits vor der Versteigerung vom Amtsgericht beauftragt und ihr könnt es als Informationsquelle nutzen.

Es ist jedoch wichtig, dass ihr euch sorgfältig informiert, und die potenziellen Risiken und Kosten abwägt, bevor ihr an einer Zwangsversteigerung teilnehmt. Gerade in Ballungszentren sind bei Zwangsversteigerungen keine Schnäppchen zu erwarten. Was dort unter den Hammer kommt, gilt als schwierig, weil beispielsweise erhebliche Baumängel vorhanden sind oder ein großer Modernisierungsstau herrscht. Was halbwegs attraktiv ist, findet oft schon vor der Zwangsversteigerung einen Käufer. Wer hier auf die Suche nach Zwangsversteigerungen geht, sollte besonders aufpassen.

Heute muss man als Bieter mehr Zeit und Geld investieren, um bei einer Zwangsversteigerung einen guten Kauf zu tätigen. Der Weg zum Schnäppchen ist beschwerlicher geworden. In jedem Fall solltet ihr die Finanzierung vor der Auktion klären und einen ausreichend hohen finanziellen Puffer einplanen.

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